Norwegen - Tag 6 - Endlich am Nordkap
:: In Honningsvåg, dem nördlichsten Punkt unserer Reise, wartet das Nordkap auf uns
Der heutige Morgen zeigt sich von seiner vielfältigsten Seite. Örtlich ziehen arktische Schneestürme über Wasser und Berge hinweg. Wenige Kilometer weiter bricht die dunkle Wolkendecke auf und ein azurblauer Himmel zeigt sich von seiner strahlendsten Seite. Hier und da leuchten helle Sonnenstrahlen durch dunkle Wolkenfetzen hindurch und tauchen schneebedeckte Berge in goldenes Morgenlicht. Diese Umgebung wirkt auf mich wie eine grandiose Filmkulisse. Eine verzauberte Welt. Hinreissend wild und schön.
Das kleine Städtchen Honningsvåg auf der Insel Magerøya ist der Ausgangspunkt unseres Trips hoch hinauf zum Nordkapfelsen. Wir werden an diesem Tag mit herrlichem Wetter verwöhnt. Der erste Sonnentag seit fast drei Wochen, erzählt uns die hübsche, symphatische Norwegerin, die uns in unserem Bus zum Kap hoch begleitet.
Die Fahrt hinauf zum Nordkap ist im Winter schon abenteuerlich. Immer wieder versteckt sich die Sonne hinter dunklen Wolken und im Nu zieht ein Schneesturm über die Insel, daß man meinen könnte, das Ende der Welt sei nahe. Die Schneewehen faszinieren mich dabei am meisten. Die Minusgrade und der heftige Wind, der in Böen leicht 80 - 100Km/h erreicht, treibt den feinpulverigen Schnee dermassen über die Strassen, daß diese aussehen als würde dichter Dampf darüberwegziehen.
Für die letzte Etappe hoch zum Kap Plateau muss im Winter, durch die Gemeinde in Honningsvåg, eine Freigabe erteilt werden. Unsere Fahrt mit vier Bussen im Konvoi wurde anscheinend an diesem Tag genehmigt. An der abgeschrankten Abzweigung von der E69 wartet bereits der Schneepflug der Gemeinde, um uns auf den letzten 13 Kilometern den Weg freizumachen. Die gesamte Fahrstrecke hat eine Länge von 34 Kilometern und geht bis über den 71 Breitengrad.
Als ich oben angekommen aus unserem Bus aussteige, bläst mich der heftige Wind fast um. Jetzt wird mir klar, warum das Nordkaphaus auch als grosser Schutzbau konzipiert wurde. Im Sommer kommen hier täglich einige Tausend Besucher hoch, um das Nordkap im Schein der Mitternachtssonne zu geniessen. Doch selbst in den Sommermonaten kann es gelegentlich zu recht heftigen Stürmen kommen. In meiner Aufnahme wirkt das Nordkaphaus wie auf einem fremden Planeten aufgenommen!
Als ich ums Nordkaphaus herum komme, erblicke ich dann endlich den Nordkapfelsen. 307 Meter hoch thront er über dem Nordpolarmeer aus dem er steil empor ragt. Darauf plaziert, die berühmte, stilisierte Weltkugel, die nur aus Längen- und Breitengradlinien besteht. Ich habe gerade eben den nördlichsten Punkt Europas erreicht. Von hier oben wirkt der Nordpol, trotz seiner Distanz von 2080 Kilometern, zum Greifen nah für mich.
Da steh ich nun tatsächlich hier oben! Auf 71°10' 21" nördlicher Breite, beinahe am Ende der Welt. Der heftige Wind zerrt an mir, bläht meine Kleidung auf und lässt mich wie das "Michelin-Männchen" aussehen. Ich fühle mich wie ein König und bin überglücklich. Ein wirklich traumhafter Moment für mich.